Der lange Weg zum Text – eine Anekdote vom Theater

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Der lange Weg zum Text im Theater Dessau

Hier mal ein Beispiel wie bestimmte Schauspieler ganz cool mit Situationen im Theater umgehen können, die auf der Bühne passieren. Zum Beispiel wenn Ihnen der Text wegbleibt.

Ich hatte ein Stück gespielt mit Daniela E., das ist die Tochter von Manfred E.. Und auf der Premierenfeier erzählte uns Manfred eine Anekdote. Und zwar, wie er einmal am Dessauer Theater, das heißt heute Anhaltisches Staatstheater, in einem Stück eine große Rolle spielte.

Das Bühnenbild bestand im Wesentlichen aus der leeren Bühne und er stand auf der einen Seite und rezitierte dort an ein Volk oder die Ratsherren oder was auch immer, ich weiß es nicht mehr … es war ein klassisches Stück, seinen Text. Das war eine längere Rede.

​Der Text ist weg

Er merkte dann währenddessen, dass ein sogenanntes Textloch ...

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... auf ihn zukam. Das heißt, der Schauspieler merkt, dass der Text weg ist und er weiß nicht mehr weiter. Dazu ist ja eigentlich am Theater die Institution der Souffleuse da. Aber an vielen Theatern gibt es gar keine Souffleusen mehr. Am Dessauer Theater damals gabs noch eine. Die saß aber nicht, wie man es im alten Theater kennt, in der Mitte der Bühne im Kasten, sondern stand auf einer Seite, dort wo der Inspizient, das ist der, der die Vorstellung fährt. Und das war genau die andere Seite von der, wo Manfred stand.

Er stand also da und redete und plötzlich merkte er: Text weg. Und was machte er? Er blieb so stehen, nickte erstmal ganz bedeutsam und ging dann bewusst betonten gemächlichen Schrittes zur anderen Seite der Bühne. Stellte sich wieder so hin in die Richtung der anderen Darsteller, nickte wieder bedeutsam. In der Zeit sagte ihm die Souffleuse den Text von hinten und er ging wieder ganz ruhigen Schrittes an die alte Position. Über diese ganze Bühne im Dessauer Theater – gefühlte 50 m lang. Es war eine Wahnsinnsspannung. Das Publikum war total ruhig. Man hätte die berühmte Stecknadel fallen hören können.

Er stand denn also da. Als er wieder an seiner alten Position war, sprach er einfach ganz cool und ruhig weiter.

Wenn der Text weg ist, cool bleiben

Das ist so ein Beispiel, wie aus einer Panne auf dem Theater noch etwas ganz Spannendes entstehen kann. So etwas kann natürlich nicht jeder. Man kann das lernen. Natürlich kann man sich auf so etwas auch vorbereiten, wenn man nämlich in solchen Trancen oder Entspannungstechniken, die ich schon in anderen Videos erklärt habe, sich solche Situationen vorstellt. Wie man grundsätzlich damit umgeht. Dass man dann ganz ruhig und cool bleibt.

Zum Beispiel hilft einfach mal, wenn der Text weg ist, ins Publikum zu gucken. Ausatmen, vielleicht nach oben gucken. Während dessen fällt einem meistens der Text ein.

Bewegung hilft

Es hilft auch, wenn man sich mal kurz bewegt. Nämlich ähnlich wie der Herr Manfred E.. Einfach mal Hin-und-her-laufen. Das macht scheinbar etwas Bedeutsames. Die Leute, die unten sitzen, denken, was passiert denn jetzt? Wenn ich die Spannung nicht verliere aus meinem Körper und auch aus meinem Gesicht.

Und wenn ich einmal hin-und-her-laufe, dann fällt mir meistens wieder ein, was ich eigentlich sagen wollte.

Ein anderer Trick, den ich schon verraten habe, ist, dass man nochmal ganz cool im Text zurückgeht und etwas sagt, was man gerade schon gesagt hat. Also man wiederholt etwas.

Geh nochmal zurück

Das funktioniert ungefähr so, wenn Sie in Ihrer Wohnung irgendetwas machen und dann gehen Sie vom Wohnzimmer in die Küche und dann stehen Sie da und fragen sich: Was wollte ich denn eigentlich hier?

Wenn Sie das laut sagen und da steht vielleicht ein Partner daneben und sagt dann: Na, dann geh doch nochmal zurück. Und Sie gehen ein paar Schritte zurück und ganz schnell wissen Sies wieder. Genauso ist es auch, wenn Sie sich in einer Rede vergaloppieren.

Das heißt, man ist nicht hilflos, wenn einem die Worte fehlen oder wenn einem im Kopf nicht mehr klar ist, was man genau sagen wollte.

Man braucht einfach ein bisschen mehr Sauerstoff im Gehirn. Deswegen gut durchatmen. Mal kurz bewegen, cool bleiben und dann fällt es überhaupt nicht auf, dass Sie einen Hänger hatten.

Über den Lampenfieber-Coach

Mein Name ist Cersten Jacob und ich bin Lampenfieber-Coach. Ich habe eine Entwicklung durchlaufen vom professionellen Schauspieler über vielseitige Trainertätigkeit unter anderem zu den Themen Präsentieren, Stimme und Sprechen bis hin zu meiner jetzigen Kernkompetenz als Lampenfieber-Coach. Ich kann Ihnen in allen Bereichen dazu verhelfen, sicher und selbstbewusst Vorträge, Präsentation und Prüfungen zu meistern und viele andere Ängste und Phobien zu überwinden.

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